Die Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung sind ja seit 2009 einheitlich und betragen derzeit 15,5%. In den letzten Jahren hat man – recht ungewohnt für diesen Bereich – recht oft gelesen, dass die Kassen über recht hohe Überschüsse verfügen. Dies liegt u.a. an der guten Lage auf dem deutschen Arbeitsmarkt, was höhere Einnahmen bei den SV-Trägern zur Folge hat.
Beim Bundesgesundheitsministerium geht man nach aktuellen Erkenntnissen nun davon aus, dass ab 2015 die Ausgaben die Einnahmen überwiegen. Klar, im Gesundheitswesen steigen die Ausgaben schon seit Jahren, da Geräte, Forschung, Versorgung etc. eben nicht gerade günstiger werden.
Finanzierungsreform
Im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD ist vereinbart, dass die Finanzierung der gesetzlichen Krankenkassen neu geregelt geregelt wird. Folgende Punkte sind hierbei vorgesehen:
- allgemeiner paritätisch finanzierter Beitragssatz soll bei 14,6 Prozent festgesetzt werden
- obligatorischer mitgliederbezogener Beitragssatzanteil in Höhe von 0,9 Prozent wird abgeschafft
- Arbeitgeber:innen-Anteil bleibt zugleich bei 7,3 Prozent gesetzlich festgeschrieben
- einkommensunabhängige Zusatzbeiträge der Krankenkassen und der steuerfinanzierte Sozialausgleich werden künftig entfallen
Der wohl mit markanteste Änderungspunkt: die Krankenkassen erheben in Zukunft einen individuellen Ergänzungsbeitrag. Dieser richtet sich prozentual nach dem beitragspflichtigen Einkommen des Mitgliedes. Der bisherige 0,9%ige einkommensabhängige Beitrag fliesst hierbei mit ein. Diese Ergänzungsbeiträge variieren hierbei von Kasse zu Kasse.
Diese Finanzierungsreform soll bis zum 01.01.2015 in Kraft treten.
Zielsetzung?
Warum diese Änderung? Einerseits erhofft man sich eine höhere Beitragsautomonie der Krankenkassen und dadurch einen besseren Wettbewerb. Anderseits will man eine beschäftigungsfreundliche Ausgestaltung des Finanzierungssystems. Lohnzusatzkosten bleiben von den Gesundheitsausgaben entkoppelt, was „gute Rahmenbedingungen für Wachstum und Beschäftigung gewährleistet„.
Meine Meinung
Wie oben bereits erwähnt, so wird das Gesundheitssystem immer mit stiegen Kosten zu kämpfen haben. Mir persönlich ist jedoch noch immer nicht klar, warum wir im gesetzlichen Sektor soviele Krankenkassen benötigen. Alle haben Verwaltungsapparate, Gebäude etc. und all dies verursacht Kosten, welche letztlich aus Beiträgen und Steuermitteln finanziert werden. Die Anzahl der Kassen hat sich zwar in den letzten Jahren minimiert, jedoch sind es noch immer über 100 Kassen.
Würde man hier seitens dem Gesetzgeber mal etwas Struktur reinbringen und das Ganze auf sagen wir max 5-10 Kassen minimieren, ist sicherlich mit einer nicht ganz unerheblichen Einsparung bei den Kassenausgaben zu rechnen. Dadurch könnte man eine Zusatzbelastung der Arbeitnehmer:innen sicherlich verhindern oder zumindest mittelfristig verschieben.
Quelle: BMG
Wieder fummelt eine Regierung an der Krankenversicherung herum. Die „Reformen“ in den letzten 25 Jahren sind nicht mehr zu zählen. Der alte und der kranke Versicherte sind die Menchen, die das Ganze ausbaden müssen. Es steuert in die falsche Richtung. Wenn ein Einheitsbeitrag, dann eine Einheitskrankenkasse. Wenn individuelle Beitragssätze, dann individuelle zahlreiche Krankenkassen. Aber: die Solidarität war Ausgangspunkt der gesetzlichen Krankenversicherung. Diese ist in den letzten Jahrzehnten auf der Strecke geblieben. Einzelheiten dazu im ebook „Kranke Krankenversicherung“
auf den ersten Blick würde das jeder unterschreiben.
Aber: da ich in der Pharmabranche tätig bin gibt es da noch eine Kehrseite,
Die freie Wahl der Medikamente (bzw. des Herstellers von ein und dem selben.
Einfachstes Beispei; die AOK – hat 60+ Prozent Marktanteil – und diktiert den Pharmaherstellern die Preise.
Teils waren die, die die AOK bereit war zu zahlen unter den Herstellungskosten der deutschen Hersteller.
Was also passiert: die Produktion wird entweder nach Indien verschoben oder es wird direkt auf Produkte von Generikaherstellern aus Indien o.ä. zurückgegriffen.
In Deutschland machen dann solche kleinen Industriegebiete wie der (ursprüngliche) Industriepark Hoechst dicht und ein paar Tausend Leute stehen ohne Job da. Um nur einen von vielen betroffenen zu nennen.
In der Rechnung bekommt die AOK dann wohl noch ein paar mehr Versicherte – bezahlt vom Arbeitsamt…
Anders gesagt: die Krankenkassen nutzen ihre Marktmacht knallhart aus – und die Regierung schweig die Folgen gerne mal tot.
Weniger Krankenkassen heißt nicht zwingend, daß damit alles besser ist 😉
Und noch eine Sache, die gern stiefmütterlich behandelt wird: selbstständige in der gesetzlichen Krankenkasse: dort wird unabhändig davon ob jemand 100 oder 1000 Euro pro Monat „verdient“ (was einen insbesonders als Neuling in der selbständigkeit auf dem Zahnfleisch gehen läßt) eine Beitragsbemessungsgrenze von momentan 2700 Euronen gesetzt – und dementsprechend der Zwangsbeitrag in der Höhe eingefordert.
Anders als beim Finanzamt werden zuviel gezahlte Beiträge schlicht einbehalten: rückzahlungen gibt es nicht.
Es lebe die Pflichtversicherung.
Leute die was vom wahren Leben mitbekommen an der Regierung wär was feines – nicht immer nur Juristen und sonstige Geisteswissenschaftler die sonst nirgends untergekommen sind.
Natürlich heisst es das nicht zwingend. Aber: dass eine Kasse den Pharmaunternehmen die Preise diktiert (ob und inwieweit selbige gerechtfertigt sind, ist eine andere Diskussion) ist dann ein Aspekt, welcher politisch geregelt werden sollte. Denn mein Hauptpunkt ist der, dass ich im Bereich der sozialen Sicherungssysteme, welche mehr oder minder gesetzlich verantwortet werden, ein Wettbewerbsverhalten als nicht sinnvoll erachte. Um Beitragssätze wird ja bereits seit Jahren nicht mehr gekämpft, da selbige gesetzlich festgelegt wurden. Dies geht auch auf anderen Ebenen in diesem Sektor. Die hier vorhandenen Gelder, sind die der Kassenmitglieder und mit diesen sollte man so sparsam und vernünftig umgehen wie nur möglich.
PS: Ich begrüsse es, wenn Kommentatoren mit einem „normalen“ Namen statt einem Synonym agieren. 🙂