Anfang des Jahres hat Christian Dingler auf seinem Blog einen Artikel zum Thema Kund:innenservice veröffentlicht. Mit Interesse habe ich diesen gelesen, ist das Thema Kund:innenservice doch eines meiner Lieblingsthemen. 🙂

Ich wollte auch direkt eine Replik dazu schreiben, da ich zwar vieles so sehe wie Christian, an manchen Punkten aber eine andere Sichtweise habe. Bisher ist das Ganze aber nicht über einen Entwurf hinaus gekommen, was ich nun endlich ändern möchte. 

Der Titel des Blogposts von Christain lautet: Die Zukunft des Kundenservice ist Service

Dies sagt schon aus, dass er das, was allgemein als Kund:innenservice angepriesen wird, bisher eher nicht als Service empfindet. In ganz vielen Fällen hat er damit leider auch Recht. Bei vielen Unternehmen, gerade auch den grösseren, gibt es zwar Angebote, wie sich Kund:innen bei Fragen oder Problemen an das Unternehmen wenden können. Die Reaktionen, Rückmeldungen etc. sind dann jedoch leider nicht immer zufriedenstellend für die Nutzer:innen/Kund:innen. In manchen Fällen erfolgt teilweise auch überhaupt keine Rückmeldung.

Wann ist Kundenservice wirklich Service?

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Was ist überhaupt Kund:innenservice?

Was genau ist Kund:innenservice überhaupt bzw. was versteht man darunter? Im zugehörigen Wikipedia-Artikel wird es so definiert:

Unter Kundendienst oder Kundenservice versteht man zum einen eine organisatorische Einheit (Abteilung) in einem Unternehmen, zum anderen die Leistung oder die Dienste dieser Abteilung oder des ganzen Unternehmens für die Kunden. Im Handel werden unter Kundendienst Zusatzleistungen zusammengefasst, die über die ohnehin erbrachten Hauptleistungen eines Handelsbetriebs hinausgehen; sie können entgeltlich oder unentgeltlich erbracht werden. Diese Zusatzleistungen können aus Waren (z. B. Proben, Zugaben), Dienstleistungen (z. B. Montagehilfen, Hauszustellung) und Rechten (z. B. Umtauschrecht, Parkplatzbenutzung) bestehen. Aus handelspsychologischer Sicht besonders interessant sind überraschende, vom Kunden nicht erwartete Serviceformen. Kundendienst dient – wie alle anderen Formen des Service – vor allem Handelsunternehmen als wichtiges profilbildendes Instrument des Handelsmarketings.

In dieser Definition werden also primär Zusatzleistungen neben der eigentlichen Hauptleistung als Kund:innenservice verstanden. Beispiele hierfür sind z.B. das Tragen der Einkaufstaschen von der Kasse zum PKW oder auch das Parken des Autos bei Ankunft vor einem Hotel.

Bei Wikipedia heisst es weiter:

Als Resultat der fortschreitenden Anglisierung wird Kundendienst oft auch als Service (customer service oder customer care) bezeichnet oder als after sales service, wobei es um die Erfüllung von Kundenwünschen geht, die nach dem Verkauf eines Produktes bzw. eines Artikels oder einer Dienstleistung, vorgetragen werden:

  • Reklamationen: Das Produkt funktioniert nicht richtig, ist beschädigt oder verfügt nicht über die zugesagten Eigenschaften, usw. 
  • Es kann eine turnusmäßige Wartungsarbeit erforderlich sein, z. B. weil eine definierte Betriebsdauer oder Ähnliches erreicht wurde. […]
  • Es kann eine Reparatur erforderlich sein, weil eine Betriebsstörung eingetreten ist. 
  • Der Kunde kann Unterstützung bei der Benutzung des Produkts benötigen, oder Fragen haben. In diesem Zusammenhang wird auch der Begriff „Helpdesk“ verwendet.
  • Er möchte eventuell Ersatzteile, Zubehör, Verbrauchsmaterial oder Ähnliches kaufen.

Das, was also oben als die eigentliche Bedeutung von Kund:innenservice definiert wird und etwas sein sollte, was das eine Unternehmen vom anderen abhebt, dies wird mittlerweile doch schon häufig als selbstverständlich erachtet. In den meisten Fällen wird als Kund:innenservice das empfunden, wie seitens dem Unternehmen bei Reklamationen oder Anfragen getan oder eben auch nicht getan wird. Auch im Artikel von Christian geht es primär um diesen Aspekt.

Wie sieht optimaler Kund:innenservice aus?

Wie sieht nun optimaler Kund:innenservice aus? Ich möchte mich hierbei primär auf den Punkt des After-Sales-Service, also allen Themen wie Support, Reklamationen etc. beschränken. Der Aspekt des Kund:innenservice im Sinne von Zusatzleistungen wie im ersten Teil der Definition erwähnt, ist ein eigenes Thema für sich.

Selbstverständlich sollte sein, dass den Kund:Innen eine Kontaktaufnahme so leicht wie möglich gemacht wird. Wenn man mit etwas unzufrieden ist, Fragen oder gar Probleme mit dem Produkt bzw. der Dienstleistung hat, dann ist es wenig stimmungsfördernd, wenn allein für die Suche nach den Kontaktmöglichkeiten 15-20 Min der Zeit draufgehen.

Zum Thema Telefonkontaktaufnahme schreibt Christian:

Ich will schnell einen kompetenten Ansprechpartner. Am Telefon will ich mich nicht in die sechste Ebene des Sprachmenüs vorarbeiten müssen, bis ich einen Menschen an der Leitung habe. Ich will sofort mit einem Menschen sprechen. Ein Sprachmenü ist kein Service. Es verhindert Service.

Dem stimme ich zu. In den meisten Fällen, wo man auf ein Sprachmenü trifft macht es mehr verrückt, als das es weiterhilft. Ich denke, dass eine Einstiegsebene als Sprachmenü ok ist, also eine erste Vorauswahl was den Grund bzw. das Thema des Anrufes betrifft. Danach sollte es dann aber schon mit einer realen Person weitergehen.

Noch nicht überall Standard, aber durchaus schon gängig, ist die Möglichkeit, über E-Mail Kontakt aufnehmen zu können. Hierzu schreibt Christian:

Wenn ich eine E-Mail schreibe, hätte ich gerne eine Bestätigung, dass sich gekümmert wird. Toll, wenn diese Bestätigung von einem Menschen mit reply-fähiger E-Mailadresse und Telefondurchwahl käme. Ich möchte keine Ticketnummer, ich will einen Ansprechpartner. Eine Ticketnummer sagt mir: “Du bist ein Vorgang.” Ein Mensch sagt mir: “Du bist Kunde.”

Auch hier stimme ich zu. Wobei ich persönlich schon ein Freund von Ticktsystemen bin, da es die Arbeit – gerade im Support – doch schon merklich erleichtern kann. Das Thema Ansprechpartner:innen, also ein Name der Person, die da gerade schreibt, ist aus meiner Sicht unabdingbar. Gerade in grösseren Unternehmen kann diese Person im Laufe der Kommunikation durchaus wechseln, aber dies ist ok. Wenn ich aber kommuniziere, dann möchte ich dies eben nicht mit einem anonymen „Team“ oder einer „Abteilung“, sondern mit einer Person die ich auch namentlich ansprechen kann. Die persönliche Kommunikation durch die Namen der Mitarbeiter:in zeugt mAn auch von Respekt des Unternehmens seinen Kund:innen gegenüber.

Eine direkte Durchwahl der jeweiligen Mitarbeiter:in ist sicherlich schön, wie ich finde jedoch doch nicht immer realisierbar bzw. zielführend. Bei grösseren Unternehmen z.B. können E-Mails von einer vollkommen anderen Abteilung bearbeitet werden als z.B. die, welche Anrufe entgegen nimmt.

Als nächsten Punkt führt Christian an:

Ich will Ansprechpartner, die befugt sind, Entscheidungen zu treffen. Meine Probleme aufnehmen und weiterleiten ist kein Service. Service ist selbst zu entscheiden oder mich mit jemanden zu verbinden, der entscheiden darf. Bei E-Mail-Support, möchte ich, dass sich sofort jemand meldet, der entsprechende Befugnisse hat.

Hier stimme ich nicht so recht mit ihm überein. Natürlich sollte das Anliegen möglichst schnell und sofern möglich auch unbürokratisch erledigt werden. Je weniger Personen bei einer Entscheidung, wie denn nun verfahren wird, beteiligt sind, um so schneller geht es voran. Der Punkt mit „Problem aufnehmen und weiterleiten“ ist für mein Verständnis schon Service, zumindest kann es das sein.

Eine First-Level-Support, welcher zunächst einen Grossteil der Standardfragen klären kann und wenn es dann spezieller wird, die Themen weitergibt an Second-Level-Support (SLS) oder Third-Level-Support (TLS) macht schon Sinn. Wenn dann die SLS oder TLS Mitarbeiter:innen in einem vertretbaren Zeitfenster die Kund:innen kontaktieren und sich weitergehend der Problematik annehmen, ist beiden Seiten geholfen. Einen zwingenden Nachteil sehe ich darin nicht.

Kund:innenservice und die Kosten

„Service muss kostenfrei sein“, „Ist doch Ihr Produkt, Sie haben es verkauft und nun soll ich dafür zahlen, wenn ich Fragen dazu habe? Ne, danke.“ – so oder ähnlich wird oftmals diskutiert bzw. argumentiert, wenn es um die Kosten für einen Hotlineanruf bzw. Service allgemein geht.

In seinem Artikel führt Christian dazu aus:

Ich will nicht für Service bezahlen müssen. Ich bin bereit, für das Produkt zu zahlen, gerne auch ein paar Euro mehr, wenn der Service stimmt. Aber Euer Produkt funktioniert nicht, Ihr habt eine Fehlbuchung gemacht – und ich soll für den Anruf zahlen? Das ist kein Service. Das ist ein Geschäftsmodell.

In seinem Fazit stimme ich zu. Hat der Anbieter/das Unternehmen „Mist“ gebaut (z.B. Fehlbuchung der Rechnung etc.), so sollten Kund:innen hierfür nicht noch extra zur Kasse gebeten werden, wenn sie diesen Umstand klären möchten. Für solche Fälle sollte es entsprechende Möglichkeiten der kostenfreien Kontaktaufnahme geben.

Was aber, wenn es um Fehlfunktionen oder ähnliche Probleme geht? Geht es nach der Meinung vieler Nutzer:innen, so muss das selbstverständlich auch alles kostenfrei sein. Das „Problem“ fängt meiner Meinung nach schon viel weiter vorn an. Nämlich damit, dass Service von vielen Menschen hierzulande nicht als das gesehen und verstanden wird, was es letztlich ist: eine Dienstleistung!

Nicht in jedem Fall ist das Problem durch den Hersteller oder mangelnde Qualität verursacht. In nicht wenigen Fällen sind es z.B. auch Unkenntniss, falsche Handhabung oder letztlich auch eine falsche Erwartungshaltung seitens der Nutzer:innen. Letztlich muss man auch sehen, wofür genau man den Produktpreis bezahlt. Wünsche ich ein Rundum-Sorglos-Paket mit All-Inclusive & Co. dann muss ich letztlich einen höheren Preis des Produktes in Kauf nehmen oder eben extra einen zugehörigen Service-Vertrag abschliessen wo über Monats- oder Jahrespauschalen bestimmte Inklusivleistungen mit angeboten werden.

Kund:innenservice als Selbstverständlichkeit anzusehen und damit diesen kostenfrei zu wollen ist meiner Meinung nach zu pauschal. Das Thema ist doch recht vielschichtig.

Das Argument, dass man gern für das Produkt etwas mehr zahlt, wenn dann dafür die Service-Möglichkeiten kostenfrei sind, ist eine Möglichkeit. Die wohl grösste Schwierigkeit dabei: das Plus an Service wird zu selten von den Kund:innen berücksichtig und im Schnäppchenjagdfieber leicht übersehen. Weiterhin sagen sich viele Nutzer:innen beim Kauf auch „Ach, was soll ich da mehr für bezahlen und am Ende brauche ich diese Zusatzleistungen gar nicht. Da nehme ich doch lieber das günstigere Produkt.“. Ohne Frage: zu oft zu kurz gedacht – letztlich aber die Realität der „Geiz ist geil“-Mentalität.

Kund:innenservice in Mono, Stereo oder Surround?

Reicht es aus, wenn ein Unternehmen eine (oder mehrere) Hotline-Rufnummer(n) auf der Webseite und/oder der Produktverpackung platziert? Ist eine E-Mail-Adresse schon das Hochgefühl der modernen Kund:innenkommunikation? Ich denke: Nein. Es ist wichtig, dass es diese Möglichkeiten gibt. In der heutigen Zeit ist es in den meisten Fällen jedoch nicht ausreichend.

Christian schreibt in seinem Artikel abschliessend:

Ein einzelner Kommunikationskanal ist kein Service. Eine große Auswahl an Kommunikationswegen ist auch kein Service. Aber wenn ihr versuchen wollt, Service […] anzubieten, dann solltet Ihr mir die Wahl des Kanals überlassen.

Ich gehe soweit zu sagen, dass die Bereitstellung von Kommunikationskanälen per se nicht als Service verstanden werden, sondern eine Selbstverständlichkeit sein sollte. Bei der fortschreitenden Verbreitung von sozialen Netzwerken wie Twitter, Facebook, Google+ & Co. schadet es definitiv auch nicht, wenn man solche Kanäle für den Dialog mit den Kund:innen öffnet. Denn die SocialMedia sind (auf Unternehmen bezogen) in meiner Definition in erster Linie das Angebot zur Kommunikation, zum Dialog.

Pauschal zu sagen, dass man als Firma zwingend eine Facebook-Page, ein Twitter-Profil oder eine Google+-Seite benötigt ist sicherlich falsch. Ein Unternehmen, welches tatsächlich und ehrlich am Dialog mit seinen (potentiellen) Kund:innen und Nutzer:innen interessiert ist, sollte dieses Thema jedoch zumindest ernsthaft und offen überlegt und diskutiert werden.

Entscheidet man sich dafür, so ist eines ganz wichtig: der gewählte Kommunikationskanal muss auch gepflegt werden. Meiner Ansicht nach heisst dies nicht, dass man zwingend täglich oder wöchentlich auf der Facebook-Page einen Beitrag für seine „Fans“ veröffentlichen muss (!). Aber wird dieser Kanal von Kund:innen für die Kontaktaufnahme genutzt, so muss hier auch entsprechend reagiert werden – und zwar auf bzw. über die gewählte Plattform. Erst wenn es um einen Austausch von Kund:innendaten oder persönlichen Informationen geht, kann bzw. sollte man das Medium wechseln.

Fazit

Ob ein angebotener Service ein guter bzw. überhaupt ein solcher ist, hängt massgeblich auch davon ab, was Kund:innen erwarten. Was den einen zu viel ist den anderen zu wenig. Was die einen als ausreichend empfinden, ist den nächsten zu eingeschränkt. Wichtig ist aus meiner Sicht, dass die möglichen Kommunikations- und Kontaktmöglichkeiten klar und deutlich auf der Webseite und sofern möglich auch auf Produktverpackungen ersichtlich sind.

Kund:innenservice-Angebote müssen nicht immer kostenfrei sein – abhängig um welche Art von Servicebereich es geht. Auf mindestens einem Kanal sollte es den Kund:innen ermöglicht werden, auch Anliegen kostenfrei klären zu können, wenn der Sachverhalt klar durch das Unternehmen verursacht wurde. Aber auch hier gibt es bei vielen Sachverhalten unterschiedliche Sichtweisen, wer denn nun die „Schuld“ trägt. Dies macht es im Zweifel nicht immer sehr leicht, die Anliegen zu bearbeiten.

Ebenso wichtig erachte ich jedoch auch, dass Kund:innen eine realistische Erwartungshaltung an einen Service stellen. Heisst, man sollte als Kund:in auch einmal die eigene Perspektive auf den Sachverhalt hinterfragen. Dies gilt gleichermassen aber auch für das Unternehmen, welches diesen Service anbietet. Hört auf Eure Kund:innen, nur so könnt Ihr verstehen was sie wollen!

Was versteht Ihr unter Kund:innenservice – aus Kund:innen- aber auch aus Unternehmersicht?

letzte Bearbeitung: 2022-08-18