Selbstständigkeit wird oft und gern mit „selbst“ und „ständig“ beschrieben. Auch ich nutze dies desöfteren, meine es meist aber eher scherzhaft. Dennoch: es ist schon etwas dran. Man macht die meisten Dinge selbst und geregelte Arbeitszeiten gibt es auch eher selten.

Vor mittlerweile über 12 Jahren habe ich mich für die Selbstständigkeit entschieden. Es war für mich ein Risiko, welches sich jedoch rückblickend gelohnt hat. Die Alternative zum Zeitpunkt meiner Entscheidung hiess Arbeitslosigkeit. Etwas, was für mich jedoch überhaupt nicht in Frage kommt, ist, nichts zu tun und von der „Stütze“ zu leben. Also warum nicht ein Job, der mir Spass macht, zu einem Thema das mich interessiert!

Also gründetete ich im Januar 1999 mein Gewerbe. Zugegeben, meine Vorstellung von der Selbstständigkeit war schon eine andere, als sich diese dann tatsächlich präsentierte. 😉 Auch habe ich anfangs einige Fehler gemacht, aber man lernt aus Fehlern, sagt man. Und ich habe viel gelernt in den letzten 12 Jahren. Es gab Hochs und Tiefs – aber dies kennt sicherlich jede/r.

Ich mach das lieber mal selbst

Egal ob man seine Selbstständigkeit allein oder mit Mitarbeiter:innen bestreitet, man neigt dazu, alles allein machen zu wollen. Oftmals möchte man andere einfach nicht mit den Dingen behelligen oder aber man glaubt, dass man es selbst eh am besten hinbekommt. Sicherlich gilt dies nicht für alle, die sich für eine Selbstständigkeit entscheiden, aber ich bin sicher, es trifft auf einen Grossteil zu. Diese Denke ist ein Stück weit auch verständlich. Schliesslich ist man Chef:in, es ist das eigene Unternehmen und da möchte man natürlich sicher gehen, dass auch alles seine Ordnung hat.

Eine solche Denkweise ist auch mir nicht fremd. Nach einigen Jahren ging es einfach allein nicht mehr und ich habe eingestellt. Lange Zeit fiel es mir schwer bestimmte Dinge abzugeben, sie eben andere machen zu lassen. Macht so natürlich keinen Sinn, da man hierdurch nicht die eigentlich erhoffte Entlastung bekommt. Anderen das Vertrauen zu schenken fiel schwer, aber die „Befürchtungen“ stellten sich als falsch heraus. Meine Erkenntnis: Mitarbeiter:innen machen die Dinge nicht schlechter als man selbst, sondern einfach nur anders.

Der Weg der Erkenntnis

Im Laufe meiner Selbstständigkeit hat sich das Produktportfolio öfter gewandelt. Die Aufgaben wurden vielfältiger und die Arbeit dadurch auch mehr. Es machte mir Spass – eine tatsächliche Trennung zwischen Arbeit und Privatleben gab es nicht. Ich machte keinen richtigen Urlaub und lebte für die Firma. So weit, so gut. Irgendwann war jedoch auch bei mir eine Grenze erreicht. Bereits im Vorfeld auftretende gesundheitliche Zeichen ignorierte ich – „es wird schon nicht so schlimm sein, morgen gehts schon wieder“ dachte ich mir. Hinzu kommt auch, dass man sich auch ungern Schwächen bzw. die eigenen Grenzen erreicht zu haben, eingesteht – sich selbst nicht und erst recht nicht anderen gegenüber. Vermutlich ist gerade letzteres bei Männern noch etwas ausgeprägter als bei Frauen. 😉

So langsam aber sicher begriff ich, dass es so nicht mehr weiter geht. Das zu verstehen und das Verstandene dann auch im eigenen Tun umzusetzen, hat seine Zeit gebraucht. Ich fing an Grenzen – wenn auch sehr weiche – zwischen Job und Privat zu ziehen. Suchte mir Dinge zum Ausgleich, wie z.B. sportliche Aktivitäten. Das Gefühl „ausgebrannt“ zu sein ging nach und nach zurück. Und dadurch, dass ich auch in der Firma Arbeit abgeben konnte, war das Gesamtwohlbefinden deutlich besser.

Durch wirtschaftliche Veränderungen in 2009 musste ich leider entlassen und bin nun wieder allein. Im Zuge dessen fing ich auch an, die strategische Ausrichtung der Firma zu verändern. Ich überlegte, was genau ich will und in welche Richtung es gehen soll und besann mich auf das Wesentliche. Fokussierung war mein „Zauberwort“. Ich stellte das Konzept nahezu komplett um und fokussierte mich auf den Bereich Software-Support – lex-blog.de ist ein Bestandteil dieser Fokussierung. Ich kann nun zwar nichts mehr an Arbeit abgeben, da es keine Mitarbeiter:innen mehr gibt, aber man kann als Selbstständige:r auch Kooperationen mit anderen Selbstständigen und Unternehmen eingehen und somit bestimmte Aufgaben abdecken. Dies kann zur eigenen Entlastung führen. Durch die Fokussierung fallen bei mir bestimmte Dinge aber auch einfach weg.

Fazit

Die Kundenorientierung ist wichtig. Auch alles für sein Unternehmen zu tun ist ok und dass viele Selbstständige überdurchschnittlich viel arbeiten ist sicherlich auch „normal“. Neben all dem vergessen viele jedoch an sich zu denken. Es bringt keinem etwas, wenn man sich selbst überfordert – den Kund:innen nicht und erst recht nicht einem selbst. Einer der wichtigsten Punkte im Leben ist die Gesundheit – egal ob angestellt oder selbstständig. Angestellte/Arbeiter:innen haben den „Vorteil“, dass man bei Krankheit eine gewisse Absicherung über die Lohnfortzahlung hat. Dies bleibt Selbstständigen in der Regel verwehrt und somit ist gesund und fit bleiben für hier existenziell.

Hat man Mitarbeiter:innen, so sollte man diese auch entsprechendes Vertrauen entgegenbringen und lernen, Arbeit abzugeben. Man kann klein anfangen und das Abgeben dann nach und nach steigern. Wie oben bereits erwähnt: Mitarbeiter:innen machen die Aufgaben vielleicht anders als man selbst – dies bedeutet jedoch nicht, dass sie es zwingend schlechter machen.

Weiterhin sorgen eine Trennung von Privat und Job, sowie ein möglichst sportliches bzw. entspannendes Betätigungsfeld ausserhalb des Jobs für einen Ausgleich. Selbiger fördert das allgemeine Wohlbefinden und steigert hierüber Konzentrationsfähigkeit und Motivation für das Arbeitsleben. Meine Trennung zwischen Job und Privatleben werde ich zukünftig noch etwas strikter führen und mir einfach mehr Zeit für mich und die Familie einräumen. Warum? Weil ich einfach in den letzten Jahren gemerkt habe, dass es mir gut tut und unterm Strich auch meiner Arbeit hilft.

Wie sind Eure Erfahrungen? Was tun Ihr zum Ausgleich? Trennt Ihr berufliches von privatem?