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„Im Internet ist ja alles kostenlos!“ – so oder so ähnlich ist bei vielen Menschen die Meinung und Einstellung. Sicherlich gibt es sehr viele Dinge im Internet kostenfrei. Klar ist aber auch: es kann nicht alles kostenfrei geben. Die Musik- und Filmindustrie jammert zwar immer noch ganz gern, dass sie erhebliche Verluste durch illegale Downloads einfahren, aber die Zahlen von amazon, Apple & Co. zu den jeweiligen Downloadangeboten zeigen, dass man durchaus Nutzer:innen erreichen kann, die für gute Musik und/oder Filme auch bezahlen und somit die Arbeit der Künstler:innen würdigen.
Informationen und Wissen honorieren
Mit Informationen ist dies nicht ganz so einfach. Viele Verlage haben in den vergangenen Jahren immer wieder versucht, ihre Inhalte teilweise oder komplett kostenpflichtig im Netz anzubieten. So recht funktioniert hat dies jedoch nicht. Das hat meiner Ansicht nach recht viele Gründe. Einer davon ist, dass viele Nutzer immer noch Bedenken haben, Bankdaten oder Kreditkarteninformationen bei den unterschiedlichen Anbietern preiszugeben, was ich durchaus nachvollziehen kann. Ein weiterer Grund ist, dass es bisher nicht viele wirklich funktionale Möglichkeiten gab, entsprechende Informationen auch mit Kleinbeträgen zu honorieren.
Die gängigen Methoden, um für seine Arbeit – gerade bei Blogs – „belohnt“ zu werden, waren Werbebanner von Affiliate-Diensten oder auch Einblendungen von contentabhängigen Werbeanzeigen über Google o.ä. Für den manche Blogger:innen hat sich dies durchaus gelohnt. Für eine Vielzahl aber sicherlich nicht bzw. nicht so, wie diese es sich erwartet haben. Den Nachteil von Bannerwerbung u.ä. sehe ich persönlich darin, dass wenn hier jemand klickt und dadurch Provisionsansprüche entstehen, diese nicht direkt auf Artikel zurückzuführen sind. Soll heissen: hohe Einnahmen durch Bannerwerbung bedeutet nicht automatisch, dass die Artikel der Blogger:innen gut sind. 😉
Schliesst Flattr die Lücke?
Was also liegt näher, als ein System zu schaffen, mit Hilfe dessen man die Artikel honorieren kann, welche einem gefallen, weitergeholfen haben, witzig sind etc. Das Prinzip von Flattr ist genau das!
Es gibt für die gängigsten CMS-Systeme entsprechende PlugIns, mit denen Flattr in das eigene Projekt eingebunden werden kann. Einige Blogger haben jedoch auch PlugIn-unabhängige Lösungen entwickelt. Ein Beispiel, welches wunderbar funktioniert und auch von mir eingesetzt wird, ist von Frank Bültge von bueltge.de. Egal für welchen Weg man sich entscheidet, es wird im Normalfall immer über oder unter dem jeweiligen Artikel ein Button eingebunden. Wenn einem nun ein Artikel/Beitrag gefällt und man die Mühe und die Arbeit, welche sich die Blogger:in damit gemacht hat, honorieren möchte, klickt man auf diesen Button und „flattrt“ somit diesen Artikel. Es gibt zwar auch die Möglichkeit, einen Button allgemein, für den Blog an sich, einzubinden, um somit die User den ganzen Blog honorieren zu lassen. Der Fokus liegt jedoch – so denke ich – darauf, dies auf den Artikel bezogen zu tun. Gefällt ein Artikel wird er „geflattrt“, gefällt er nicht, dann nicht. Alles recht einfach und gerecht.
Aber so ganz rund ist die Sache aus meiner Sicht noch nicht. Das Prinzip ist sehr gut und meiner Meinung nach auch funktional. Einige Dinge im Hintergrund sollten jedoch recht zeitnah überarbeitet werden. Aber immer schön der Reihe nach…
Wer oder was ist eigentlich Flattr? Flattr AB ist ein Unternehmen mit Sitz in Schweden. Das Projekt wurde wohl im Jahre 2007 gegründet, aber an die Öffentlichkeit ist man damit erst in 2010 gegangen. Bis vor kurzem lief das Projekt noch als geschlossene Beta-Phase. Man konnte sich nur einen Account über einen Invite-Code anlegen oder aber für einen Invite-Code „bewerben“. Dieses Prozedere scheint nicht mehr notwendig, da bei einer Registrierung aktuell kein Invite-Code abgefragt wird.
Auf der Startseite von Flattr gibt es ein Video, welches das Prinzip von Flattr nocheinmal recht verständlich zusammenfasst. Wem dies auf englisch zu schwer verständlich ist, so gibt es das Ganze auch auf deutsch. 🙂
Die Registrierung an sich ist einfach und geht ziemlich schnell. Das Einzige, was vielleicht störend sein kann: die Webseite ist derzeit ausschliesslich in Englisch gehalten. Wenn man etwas Englisch kann ist dies jedoch nicht weiter problematisch. Ist man dann angemeldet, kann es praktisch auch gleich losgehen. Nein, nicht ganz: um mit Flattr produktiv arbeiten zu können, muss man zuerst sein Konto bei Flattr füllen. Dies bedeutet also, man kann Flattr nur nutzen, wenn man selbst auch bei Flattr einzahlt.
Ist dies nun ein Nachteil? Ich finde nicht und glaube, dass es zwei Gruppen geben wird, für die Flattr interessant ist. Zum Einen die Blogger:innen, welche die Funktion in Ihre Blogs integrieren wollen. Ich kann nun nicht für alle sprechen, aber die meisten Blogger:innen werden selbst auch Blogs lesen. Da eine Blogger:in weiss, welche Arbeit in Blogs stecken kann, wird sie/er gute Artikel auch honorieren. Demnach eine perfekte/r Anwender:in für Flattr, welche/r kein Problem damit haben sollte, das System mit eigenen Einzahlungen zu unterstützen. Davon einmal abgesehen denke ich, dass es auch nicht wirklich vertretbar ist, wenn man möchte, dass Nutzer:innen die eigene Arbeit honorieren, man selbst jedoch nicht bereit ist, andere zu fördern.
Zum Anderen wird es die reinen Nutzer:innen bzw. Konsument:innen geben, welche gute Artikel zu schätzen wissen und Flattr somit optimal nutzen können, da man auch mit kleinen Beträgen die Arbeit von Blogger:innen, Journalist:innen, Programmierer:innen etc. unterstützen kann.
Bereits ab 2,00 EUR/Monat
Flattr = teuer? Ganz klar nein! Welchen Betrag man einzahlt ist nicht vorgegeben. Ich persönlich empfehle mind. 10,00 EUR aufzubuchen. Als Zahlungsmöglichkeiten stehen derzeit Moneybookers und PayPal zur Auswahl. Nutzt man Flattr auch in seinem eigenen Projekt, kann man die selbst verdienten Beträge bei Einzahlungen mit verrechnen lassen. Bei der Einzahlung via Moneybookers oder PayPal werden die Gebühren der jeweiligen Zahldienste vom Einzahlungsbetrag direkt abgezogen und der Nettobetrag dem Flattr-Konto gutgeschrieben. Moneybookers ist hierbei einen kleinen Tick günstiger.
Im Dashboard kann man einstellen, welches Budget im jeweiligen Monat zur Verfügung steht. Mindestbetrag ist hierbei 2,00 EUR. In kleinen, überschaubaren Schritten, lässt sich dieser Betrag auf derzeit bis zu 100 EUR/Monat festlegen. Dies kann jederzeit geändert werden und legt fest, wieviel die jeweiligen Klicks im Abrechnungszeitraum wert sind. Bestimmt man nun z.B. 5,00 EUR/Monat als Budget und „flattrt“ 7 Artikel, so ist der einzelne Flattr-Klick 0,71 EUR wert. Dies bedeutet, wenn jeder „geflattrte“ Artikel von einem unterschiedlichen Blog/Medium war, bekommt jede/r Blogger:in 0,71 EUR gutgeschrieben. Erhält ein/e Blogger:in/Medium von dieser Nutzer:in mehr wie einen Klick, werden auch entsprechend mehr Anteile des Budgets übertragen. Die Abrechnung wird hierbei nicht nach jedem Klick, sondern einmal je Monat durchgeführt. Flattr behält von den Einnahmen 10% zur Finanzierung des Systems – ein angemessener Betrag wie ich finde.
Aus meiner Sicht sind die finanziellen Risiken der Flattr-Nutzung sehr überschaubar.
In verschiedenen Artikeln zum Thema Flattr und auch in Kommentaren, habe ich schon öfters Aussagen gelesen, dass mit dieser Art Honoration die Gefahr entsteht, dass Blogger:innen beim Schreiben diesen Button im Kopf haben und nicht mehr zwingend das schreiben, was sie denken, sondern eher so schreiben, dass es möglichst oft angeklickt wird. Ich persönlich sehe diese Gefahr nicht. Manche werden es vielleicht versuchen, langfristig hat eine solche Denkweise keine Chance und wird sich nicht durchsetzen können bzw. Nutzer:innen werden es merken und entsprechend handeln.
Rechtliche Unklarheiten
Wenn man Flattr nutzt fliesst also Geld. Dies ist soweit kein Problem und ich gehe auch davon aus, dass das Verteilungsprinzip, wie oben dargestellt, recht verständlich ist. Es gibt hier bereits recht beeindruckende Meldungen von bekannten Medien und Blogs, wie z.B. taz.de, netzpolitik.org, spreeblick.com oder lawblog.de. Interessante Ergebnisse, welche zeigen, dass das System funktioniert.
Egal, ob man seinen Blog/sein Projekt rein privat oder eher beruflich betreibt, sehe ich es als Selbstverständlichkeit, dass hieraus erziehlte Einnahmen versteuert werden. Flattr bietet auch eine Übersicht, welche Artikel wie oft „geflattrt“ wurden und entsprechend welchen Betrag diese im Abrechnungszeitraum erzielt haben. Diese Übersicht lässt sich auch als .csv-File herunterladen. Einen Beleg für die Buchhaltung bzw. das Finanzamt gibt es derzeit nicht.
Noch schlimmer ist dies bei den Ausgaben. Zum aktuellen Stand gibt es hierfür keine Rechnung. Die Antwort auf meine Nachfrage beim Support liess jedoch durchblicken, dass es angedacht ist. Wann es zur Verfügung stehen wird, konnte man mir leider nicht sagen.
Sicherlich ist es strittig, ob die Ausgaben für Flattr als Betriebsausgaben zu sehen sind. Wahrscheinlich wird das Finanzamt diese Zahlungen als Privatvergnügen ansehen. Die Einnahmen möchte das Finanzamt ganz sicher aber versteuert wissen. Daher sehe ich es als nicht korrekt, wenn die erforderlichen Ausgaben hier nicht gegengerechnet werden dürften. Denn schliesslich ist die Flattr-Nutzung nur bei einem gefüllten Flattr-Konto möglich. Noch wird es hier keine verhandelten Fälle geben, ich gehe aber davon aus, dass dies nicht mehr all zu lang auf sich warten lassen wird.
Unabhängig ob die Ausgaben steuerechtlich nun anerkannt werden oder nicht – Flattr sollte hier dringlich nachbessern und Rechnungs- und Gutschriftbelege zur Verfügung stellen. Technisch sollte dies nicht problematisch sein.
Die richtige Idee auf dem richtigen Weg
Ich hatte es hier bereits angekündigt, mich von Bannerwerbung lösen zu wollen. Daher habe ich den Paypal-Button und eben auch Flattr im Blog integriert. So können die Nutzer selbst entscheiden, ob sie meine Arbeit und die Tipps & Tricks honorieren möchten. Der PayPal-Button war schnell angelegt und funktioniert auch unkompliziert, jedoch nicht artikelbezogen. Bei Flattr war ich mir noch nicht sicher und wollte dies alles ersteinmal testen. Seit Anfang Juni ist Flattr eingebunden und ich habe mich recht ausführlich mit dem Thema befasst. Flattr steht nun auch „offiziell“ bei lex-blog.de als Möglichkeit der Unterstützung zur Verfügung. Die Idee von Flattr ist gut und der Weg ist richtig. Wenn Flattr evtl. die Webseite in verschiedenen Sprachen anbietet, wird die Anzahl der Nutzer:innen noch weiter steigen und somit eine grosse Basis von Anwender:innen zur Verfügung stehen. Das System wird immer interessanter, je mehr Leute es nutzen und vor allem es auch verstanden haben, dass Informationen bzw. deren Erstellung Aufwand macht und wenn das Ergebnis überzeugt, weiterhilft, unterhält und/oder informiert, dies auch gern honoriert werden darf.
Nicht unerwähnt soll bleiben, dass der Support überaus schnell auf Anfragen reagiert (sogar sonntags habe ich schon eine Rückmeldung erhalten). Hat man also einmal ein Problem oder eine Frage, so muss man auf die Rückmeldung aus Schweden nicht sehr lange warten. Wie auch die Website ist der Support derzeit nur in Englisch, was jedoch auch mit rudimentären Kenntnissen der englischen Sprache einigermassen funktionieren sollte.
Ich gehe davon aus, dass in den nächsten Wochen und Monaten seitens Flattr an dem ein oder anderen Punkt noch nachgebessert und z.B. die Rechnungs-Gutschrift-Problematik gelöst wird. Die Registrierung an sich ist kostenfrei und man kann es mit einem kleinen Beitrag einfach einmal testen. Persönlich sehe ich das System als ernsthafte Möglichkeit, Micro-Payment einfach und praktikabel zu etablieren.