Es wurde und wird gestreikt in diesem Land. Das hat erhitzte Gemüter zur Folge, unter den Arbeitgebern und -nehmern aber auch unter den Betroffenen. Die Medien sollten in solchen Zeiten besonders auf besonnene Berichterstattung und Einordnung achten.

Streik

Bahnstreik, KiTa-Streik, Streik in den Krankenhäusern. Auch bei der Deutschen Post wurde die Arbeit niedergelegt. Hinter all den Streiks stecken die gleichen Forderungen nach besseren Arbeitsbedingungen, mehr Personal, mehr Geld. Die Medien behandeln die verschiedenen Branchen allerdings überhaupt nicht gleich. Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter ist unter dem Hashtag #Pflegebullshit und #Pflegestreik zu lesen, wie es Pflegekräften in Altersheimen und Krankenhäusern ergeht. Rauszulesen sind: Überstunden, massive Unterbesetzung, keine Stellennachbesetzung. Bis hin zu Tweets von Pflegern, die an Journalisten appellieren:

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Aber auch bei dem anderen großen Streik im sozialen Bereich, in den KiTas hatte der Zuschauer subjektiv das Gefühl, dass mehr über die Familien berichtet wurde, die nun die Betreuung der Kinder alleine wuppen müssen, wenn Oma oder Opa nicht einspringen können und so weiter. Über die Nöte, Sorgen und Forderungen der ErzieherInnen wurde weniger berichtet. In einem Selbstversuch eines stern-Reporters im Kindergarten, der mit anderen Eltern die Betreuung der Kinder übernahm, bescheinigte er den ErzieherInnen dankenswerterweise, dass ihr Beruf mehr sei, als nur mit den Kleinen Klötzchen zu spielen.

Streikende zweiter Klasse

Genau hier zeigt sich auch die Überheblichkeit in der Berichterstattung der Medien. Sie zeigen die oder schreiben vermehrt über die genervten Eltern mit Kind im Arm oder die gestrandeten Bahnkunden am Bahnhof.

Die Lokführer wurden zwar gehört, vereinzelt haben sie auch in Interviews oder in Talkshows z. B. der von Günther Jauch gesagt, dass es ihnen gar nicht mal um das Geld ginge, sondern um einen regelmäßigeren Feierabend, weniger Überstunden. Günther Jauch fragte auch die Erzieher nach ihren Wünschen. Seine Sendung war mit dem bedeutungsschweren Wort „Gerechtigkeit“ überschrieben. Doch wie kann man bei so einem Wert gesellschaftlich auf einen Nenner kommen? Wahrlich eine schwierige Aufgabe.

Unvergessen auch die mediale Hetze auf den nicht auf den Mund gefallenen GdL-Chef Claus Weselsky und die Eingriffe in sein Persönlichkeitsrecht, als die Zeitung mit den vier Buchstaben sein Wohnhaus ablichtete.

Tarifeinheitsgesetz und Streikrechte

Wer streiken will, muss in Deutschland Mitglied einer Gewerkschaft sein. Er bekommt für die Dauer des Streiks kein Gehalt, die Gewerkschaft springt aber mit einer Aufwandsentschädigung ein.

Nun wurde das Tarifeinheitsgesetz auf den Weg gebracht, im Juli diesen Jahres tritt es in Kraft. Kritiker fürchten, dass der Streik als Mittel, um Arbeitnehmerrechte durchzusetzen, faktisch nicht mehr vorhanden sein wird. Das Gesetz besagt, dass jener Tarif in einem Unternehmen gilt, der von der Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern innerhalb des Unternehmens geschlossen wurde. Da eine Gewerkschaft die Anzahl oder die Namen ihrer Mitglieder nicht offen legen muss, wird es schwierig, die tatsächliche Zahl zu ermitteln.

Ein emotional aufgeladenes Thema

Es scheint, als sei dieses Gesetz auch eine Art Kurzschlussreaktion, da die deutsche Öffentlichkeit in den letzten Monaten wahrlich von Streiks „geplagt“ war: erst die Lockführer, dann die Pilotenvereinigung Cockpit und schließlich die Erzieher und das Pflegepersonal. Doch der Gesetzgeber sollte hier besonnener reagieren.

Bleiben die Fragen nach der Wahrnehmung, nach der Notwendigkeit und der Toleranz in der Gesellschaft gegenüber den Streiks.

Diese Fragen sind teilweise nur über die mediale Aufmerksamkeit zu beantworten. Die Medien bestimmen mit, ob die Bevölkerung den Streikenden wohlgesonnen ist oder nicht. Die Medien entscheiden ebenfalls, ob der jeweilige Streik überhaupt im Bewusstsein der betroffenen Bevölkerung stattfindet.

Das Streiken, sich also für seine Rechte einsetzen, ist ein wichtiges, gesellschaftliches Thema. Ebenso ein emotionales. Umso mehr sollten sich die Medien dessen Wichtigkeit bewusst sein und darauf achten, beide Seiten zu Wort kommen zu lassen.

Bild: geralt (pixabay)