Das Thema ELENA, also das Verfahren für elektronische Entgeldnachweise, wurde zum 01.01.2010 begonnen. Seit diesem Zeitpunkt sind Unternehmen verpflichtet, die erforderlichen Daten, elektronisch an eine zentrale Speicherstelle (ZSS) zu senden. Für die Nutzer:innen der Lexware lohn+gehalt Versionen, ist dies via dakota oder aber via svnet möglich. Die Vor- und Nachteile der beiden Möglichkeiten habe ich bereits im Artikel dakota vs. svnet beschrieben.

Wie war es bisher?

Ziel von ELENA ist es, die Arbeitgeber:innen hinsichtlich dem aufwendigen Prozess der Ausstellung von diversen Bescheinigungen zu entlasten. Jedoch hat ELENA in den Medien mehr Schlagzeilen im Bezug auf Datenschutzbedenken gemacht.

Als das Thema ELENA aufkam, fand ich die Idee gut und fragte mich, aus welchem Grund so etwas erst jetzt „angefasst“ wird. Wie sahen die bisherigen Prozesse im Detail aus:

– Arbeitgeber:in erfasst Daten in der Lohnbuchhaltung

– Mitarbeiter:in beantragt Sozialleistungen beim Amt

– Arbeitgeber:in muss ein Formular ausfüllen

– Mitarbeiter:in geht mit diesem Formular zum Amt

– Amt gibt Daten in EDV-System ein

Es ist ziemlich unsinnig, bereits in einer Lohnbuchhaltung erfasste Daten in ein Formular zu übertragen (häufig auch noch manuell) und diese Daten dann amtsseitig erneut in eine EDV einzugeben. Demnach ist ELENA doch eine gute Sache, da hier enorme Einsparungen seitens Arbeitgeber:innen und der Ämter möglich sind.

ELENA und der Datenschutz

Ja, ELENA ist eine gute Idee. Wie so oft, gibt es auch hier ein „ABER“. Denn bei vielen Bürger:innen sorgte die Erfassung der vielen Daten für Unmut. Stein des Anstosses ist die Tatsache, dass all die Daten, an einer zentralen Stelle gesammelt und auf Vorrat gespeichert werden. Das heisst, die Daten werden auf Verdacht gespeichert. Ob und wann Mitarbeiter:innen Leistungen beantragen, für die eine entsprechende Bescheinigung erforderlich ist, spielt hierbei keine Rolle. Dieser Umstand führte dann auch im März 2010 zur Einreichung einer Verfassungsbeschwerde von über 22.000 Bürger:innen.

ELENA in Zahlen

Was also macht man nun mit ELENA? Seit längerem wird bereits darüber debattiert, ob man ELENA wieder abschafft oder umstrukturiert. Die Stimmen werden sogar von denen laut, welche ELENA erst ermöglicht haben – den Politiker:innen. Wenn es den Unternehmen keine wesentliche Entlastung bringe, so die Sichtweise von Herrn Brüderle, dem aktuellen Bundeswirtschaftsminister, sei eine Aufschiebung sinnvoll. Der Branchenverband BITKOM warnt indessen, das Projekt zu stoppen.

Wenn ich soetwas lese, frage ich mich, ob man solche Dinge nicht einfach vorab klar und ausführlich durchdenken kann. Sicher, bestimmte Punkte stellt man erst fest, wenn die Dinge angelaufen sind. Jedoch sollten Kosten sowie Vor- und Nachteile für ein solches Projekt bereits im Vorfeld kalkuliert bzw. durchdacht werden.

Da kam mir vorgestern der heise.de Artikel ELENA: Unternehmen sparen, Verwaltung zahlt gerade recht. Der deutsche Normenkontrollrat (NKR) hat im Auftrag des Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) ein Gutachten erstellt, welches die Auswirkungen des ELENA-Verfahrens auf Wirtschaft, Bürger:innen und Verwaltung analysiert.

Als ich die Überschrift gelesen hatte, war ich schon etwas verwundert. Bisher war ich der Annahme, dass sich auch seitens der Verwaltung erhebliche Einsparungen ergeben, da ja viel Aufwand bei der Eingabe der Daten wegfällt und somit auch die Bearbeitung der einzelnen Anträge wesentlich schneller wird. Ich habe aber Kosten nicht bedacht, welche an anderer Stelle entstehen.

Laut dem Gutachten, werden durch die Umstellungen ca. 17.1 Mio EUR seitens der Verwaltungen eingespart. Diesen Einsparungen stehen jedoch rund 99.4 Mio EUR Mehraufwand entgegen. Unterm Strich bedeutet dies ein Mehraufwand von 82.3 Mio EUR. Ein Grossteil der Ausgaben wird durch die Erstattung der Gebühren für die Kosten der qualifizierten elektronischen Signatur (QES) verursacht. Diese belaufen sich auf ca. 70 Mio EUR.

Im Gegenzug wird die deutsche Wirtschaft laut Gutachten um ca. 90.6 Mio EUR entlastet. Der NKR stellt fest, dass vor allem mittlere und grosse Unternehmen entlastet werden. Die kleineren Betriebe, mit weniger als 10 Mitarbeitern, werden zum aktuellen Zeitpunkt eher belastet, wenn man mit dem papiergebundenen Verfahren vergleicht. Dies erscheint auch logisch, da die Wahrscheinlichkeit, entsprechende Formulare auszufüllen, mit der Anzahl der Mitarbeiter:innen proportional steigt.

Was kann man besser machen?

Viele der kleinen Unternehmen geben die Meldungen via svnet ab. Dies bedeutet natürlich einen Mehraufwand an Erfassung von Daten, welcher meiner Ansicht nach, z.B. durch Nutzung des weitgehend automatisiert arbeitenden dakota erheblich reduziert werden kann. Die Kosten – 60 EUR/3 Jahre = 1,66 EUR/Monat – für das erforderliche Zertifikat zur dakota-Nutzung fallen hier, wie ich finde, nicht ins Gewicht.

In seinem Gutachten regt der NKR jedoch auch viele Ideen an, wie man das aktuelle Verfahren verbessern könnte.  Es wird hier z.B. die Ausweitung auf weitere Bescheinigungen hingewiesen, was die Wirtschaft um weitere 15 Mio EUR entlasten würde. Zudem schlägt der NKR vor, statt der QES eine einmalige, schriftliche Zustimmung an einen unabhängigen Dritten (z.B. den Datenschutzbeauftragten der abrufenden Behörde) zu nutzen. Sofern doch eine quailifizierte elektronische Signatur genutzt werden soll, empfiehlt der NKR, die Gültigkeit von 3 auf 10 Jahre heraufzusetzen. Die jährlichen Kosten lägen somit statt bei geschätzten 8,33 EUR nur noch bei 2,00 EUR bis 4,50 EUR. Ein weiterer – und für mich sehr interessanter – Punkt ist, dass auch die Verbesserung von svnet als Vorschlag im Gutachten erscheint. Die ITSG, Entwickler der Applikation, sieht es als möglich an, svnet so zu ändern, dass z.B. ELENA-Meldungen gesammelt für alle Arbeitnehmer:innen übermittelt werden.

Was die Datenschutzbedenken betrifft, so lässt das NKR-Gutachten auch dies nicht ungenannt:

Die Umstellung auf IT-Lösungen darf im Übrigen nicht als Argument dazu dienen, die dringend notwendige Vereinfachung der zugrundeliegenden rechtlichen Regelungen aufzuschieben. Eine Vereinfachung der Rechtsbereiche würde eine Verkleinerung des Datensatzes ermöglichen, der monatlich von den Arbeitgebern an die ZSS zu melden ist. Dies würde nicht nur die Arbeitgeber entlasten, sondern auch die Rechtsanwendung auf Seiten der Verwaltung vereinfachen.. Darüber hinaus würden die Regelungen für den Bürger leichter verständlich.

Das vollständige aktuelle Gutachten (PDF) sowie das aus 2007 stammende NKR-Gutachten zur Erfassung der Kosten für ELENA liefern noch weitere Details.

Fazit

Das Thema ELENA ist umstritten, dennoch finde ich den Schritt in diese Richtung gut und auch wichtig. Die Rahmenbedingungen und die Umsetzung – beides wurde im Vorfeld in einigen Punkten nicht richtig durchdacht. Wenn die zuständigen Stellen dem Gutachten folgen, und auch weiterhin über Optimierungen und Verbesserungen nachgedacht wird, kann dies ein erster Schritt zu weniger Bürokratie und mehr Effektivität im täglichen Behördenalltag werden.

Ich bin mir sicher, dass wir den Begriff ELENA nicht das letzte Mal in den Medien gehört/gelesen haben werden. Von einer Aussetzung oder Abschaffung halte ich persönlich nicht viel. Hierfür erachte ich – langfristig – das Einsparpotential auf beiden Seiten als zu gross und die bisherigen Investitionen wären zudem vollkommen sinnlos gewesen.